Sein berühmter Ausspruch »Jeder Mensch ist ein Künstler« meinte nicht, dass jeder wie Mozart komponieren kann, sondern dass in jedem von uns schöpferische Kräfte wohnen, die unseren eigentlichen Wesenskern ausmachen. Rüdiger Sünner spürt dem Künstler nach und entdeckt ihn für uns neu: Die spirituelle Dimension und das Faszinosum Joseph Beuys werden so auf eindringliche Weise greifbar. In den Zeiten von Postmoderne und Postpostmoderne, zwischen Naturalismus, Ironie und Pop à la Jeff Koons, erinnert Zeige deine Wunde an Potenziale der Kunst, die im Verschwinden begriffen sind.
Der Strom intellektueller Deutungen zur Kunst ist gewaltig; die Auffassung des Ästhetischen als eines "sinnlichen Scheinens der Idee" (Georg W. F. Hegel) öffnete Schleusen, die die Abstraktion der Moderne und ihre konzeptuellen Ansätze noch weiter aufstießen. Rüdiger Sünner, 1953 in Köln geborener und heute in Berlin tätiger Filmemacher und Musiker, stellt seine sensible spirituelle "Spurensuche" im hochkomplexen und vielgestaltigen Gesamtwerk Joseph Beuys' eigenwillig mitten in diesen Strom hinein – ohne der akademischen Deutungslogik zu folgen. Was er erspürt hat, präsentiert der eindrückliche Film "Zeige deine Wunde" von 2015. Fundierte Erkenntnisse sowie teils sehr persönliche Empfindungen und Gedanken schrieb der freie Autor während der Film-Produktion nieder und veröffentlichte sie schon damals im gleichlautenden Buch, das nun im Jubiläumsjahr zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys am 12. Mai 2021 neu aufgelegt wurde. Der subjektive, immer wieder das eigene Erleben schildernde Zugang Sünners ist dabei von intensiven Recherchen zur Biographie des Künstlers, zu Entstehung und Kontext der Werke von subtilen frühen Zeichnungen bis hin zu medienwirksamen Installationen oder Performances der späteren Jahre begleitet.
Gesamtspielzeit 85 Min. Verlag: absolut Medien Bestell-Nr. : 3005 ISBN: 978 3 89848 491 6 DER »VERWUNDETE HEILER« – SPIRITUALITÄT ALS KUNST DER VERWANDLUNG UND REGENERATION Der Aktionskünstler, Bildhauer, Kunsttheoretiker und Pädagoge Joseph Beuys, zeitlebens umstritten, anstößig im besten Sinne, wollte berühren und berührbar sein. Die seelische und körperliche Verletzlichkeit des Menschen war sein Thema. Nicht zufällig trägt eine seiner bekanntesten Installationen den Titel »zeige deine Wunde«. Beuys, heute weltweit als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts angesehen, hegte tiefes Interesse für Mythologie, Schamanismus, Anthroposophie, Alchemie und Mystik. Vor allem aber war er ein »verwundeter Heiler« im Sinne C. G. Jungs, der unser zunehmend auf ökonomische Ziele und rationale Effizienz reduziertes Bewusstsein durch seine Arbeiten erweitern wollte. Wie die alten Mythen, so bewegte sich Beuys in Bildern und Symbolen, die für ihn wichtige Quellen zur Entwicklung unserer verkümmerten Imagination waren.
Unterdessen sind die Human-Animal-Studies sogar an deutschen Universitäten installiert. Sie scheinen das zu unterstützen, was Beuys in seiner Begegnung mit einem Kojoten in seiner wundervollen Aktion I like America and America like Me schon 1974 gesucht hat. Ein neues Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Auch auf diese Aktion geht die Dokumentation länger ein, situiert sie allerdings vor allem vor dem Hintergrund eines typisch linken Antiamerikanismus. Beuys erklärte aber selbst, er habe mit dieser Kunstaktion, bei der er drei Tage mit einem Kojoten auf engsten Raum in New York verbrachte, Amerika retten wollen. Er wollte damit den traumatischen Punkt in der amerikanischen Geschichte versöhnen: »Man könnte sagen, wir sollten die Rechnung mit dem Kojoten begleichen. Erst dann kann diese Wunde geheilt werde« erklärte er. Denn der Kojote war eines der wichtigsten Totemtiere der Indianer in Nordamerika. Und diese Indianer sind in einem fürchterlichen Genozid schließlich von den weißen Einwanderern getötet worden.
Ein Mensch mit dem Verstand und Herz für alles, was uns umgibt. Neben der Natur auch die Sachen, die für uns vielleich keinen Wert darstellen, für die anderen umso mehr. 1973 gründete Beuyß mit seinen Mitarbeitern Free International University (F. I. U. ), einer Hochschule für Kreativität und interdisziplinäre Forschung. Die Lehrer sollten unabhängig sein, die Schüler würden sich besser und leichter "entwickeln". Es ist schwierig Joseph Beuyß vorzustellen. Ein Mann, der so vieles wusste, dessen Ideen nicht neu waren, er hat sie nur (mutig, wie er war) ins alltägliche Leben gebracht. Nicht nur in die Kunst. Am Ende noch seine Geschichte: als er 1944 mit dem Flugzeug über die Halbinsel Krim stürzte, war er sich sicher, die Tataren haben ihn einige Tage gepflegt, ihn gerettet..., die andere "Wahrheit". nach 24 Stunden wurde er in ein Lazaret gebracht, es gab keine Tataren... Wie dem auch sei, es zeigt, dass Beuyß in der Zeit "irgendwo" lebte. Nicht dort, wo sein Körper sich befand... Ein sehr guter Film, eine Geschichte über einen Mann, den man nicht vergessen darf!
Er war Kurator mehrerer Ausstellungen mit Werken von Beuys. Seine vielfältigen Veröffentlichungen beziehen sich auf die Geschichte der Philosophie und auf Kunst und Philosophie im 20. und 21. Jahrhundert;. Zu ihnen zählen: Der Tod hält mich wach. Joseph Beuys und Rudolf Steiner – Grundzüge ihres Denkens (2006) und Joseph Beuys un... Hermann Achenbach ist Vorstandsmitglied der Stiftung Rosenkreuz – und Beuys-Fan.