"Als verlassene Mutter kann man sich nicht outen", sagt Susanne W. Zu groß sei das Tabu. "Man wird als schlechte Mutter niedergemacht. Immer wird die Schuldfrage gestellt. " Doch Susanne W. will sich austauschen, mit Menschen, die verstehen, die nicht verurteilen. Sie wendet sich an die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe und Selbsthilfegruppen (KISS) des Enzkreises – und bekommt dort Unterstützung bei der Gründung einer Selbsthilfegruppe für verlassene Eltern. Denn eine solche gibt es in Pforzheim und dem Umland noch nicht. Dabei, das zeigen die Teilnehmerzahlen der ersten beiden Treffen, scheint der Bedarf vorhanden zu sein. Viele der Eltern verbindet die Suche nach dem Warum und die Scham, die sie abhält, mit ihrem Schicksal offen umzugehen. Die streng vertrauliche Gruppe ist in der Findungsphase, lernt sich kennen – und das ganz anonym. Die Mitglieder kennen sich lediglich mit Vornamen, auch ihr Wohnort bleibt geheim. "Wir stärken uns gegenseitig, sprechen uns Mut zu und geben uns Ratschläge", sagt Susanne W. „Verlassene (Groß-)Eltern“ für Selbsthilfegruppe in Gedern gesucht – Oberhessen. "Es gibt Kraft zu sehen, du bist nicht allein. "
Nach der Scheidung der Eltern war alles anders Auch die Organisatorin der Gruppe kennt die schmerzhaften Erfahrungen als verlassene Großmutter. Ihr jetzt neun Jahre alter Enkel hatte einen großen Teil seiner bisherigen Kindheit bei ihr und ihrem Mann verbracht. "Wir haben ihn vom Kindergarten abgeholt, haben hier zusammen gegessen, gespielt", erinnert sich die Frau, die hier nur Edeltraud heißen soll. Ihre Tochter habe ihr Kind nach Feierabend abgeholt. Doch nach der Scheidung der Eltern war alles anders. Der Vater des Kleinen habe jedweden Kontakt zwischen den Großeltern und dem Jungen verhindert. Seit zwei Jahren ist nun bei ihnen im Haus alles anders. Kein Enkelkind füllt das Haus mit Leben. Die Besuche sind sehr selten geworden. Nach langer Zeit habe das Kind jüngst zum Geburtstag seines Urgroßvaters kommen dürfen, der vor Kurzem 98 Jahre alt geworden sei. "Die beiden haben immer sehr aneinander gehangen", so Edeltraud. Beim Besuch wollten sie gar nicht voneinander lassen. An der grundsätzlichen Situation ändere so ein Treffen aber natürlich nichts.
Austausch mit anderen unersetzlich Auch die verlassenen Großeltern mit einzubeziehen sei ihre Idee gewesen. Denn die seien nicht selten ebenfalls stark belastet, wenn die Enkelkinder sich entziehen oder von einem Elternteil entzogen werden. Sie habe viele Bücher zum Thema gelesen. Aber der Austausch mit anderen sei unersetzlich. Deshalb freue sie sich, dass sich so viele Menschen auf den Aufruf hin bei ihr gemeldet hätten. "Acht Leute haben angerufen", erzählt sie. Und da zwei Paare dabei seien, wäre die Gruppe damit schon voll. Aber jetzt gehe es erst einmal um das erste Treffen, darum, sich kennenzulernen. "Ich habe gemerkt, dass die Leute einen enormen Redebedarf haben", so Edeltraud. Von daher freue sie sich auf die Gruppe, die jeweils zu zweistündigen Treffen zusammenkommen werde. Wer darüber hinaus noch Interesse hat, kann sich unter der Rufnummer 0 15 15/1 01 57 02 melden.