Es war die Ästhetik, mit der Andreas Kriegenburg überzeugte und verblüffte. Sein Bühnenbild war ein Tummelplatz für Kafkasüchtige. Man konnte darin Gregor Samsa sein, das an der Decke hockende Insekt, denn der Raum war auf irritierende Weise aus der besonderen Perspektive der Draufsicht erfahrbar. Es war ein türenloser Raum, ein Gefängnis, in dem ein vervielfachter Josef K. unbeholfen, linkisch, verunsichert und aufbegehrend agierte. Das Bühnenbild konnte ebenso als Auge des Betrachters begriffen werden, in dessen Pupille sich der Aktionsraum spiegelte. Titorelli der prozess in de. Kriegenburg ließ sich dabei ganz augenscheinlich vom Cartoonisten Robert Crumb, ein Mitgründer der Underground-Comics-Bewegung, inspirieren, der in seinen Darstellungen insbesondere zu "Vor dem Gesetz" die selbe Atmosphäre schuf. Nicht nur dienlich, sondern kongenial war die beinahe permanente Musik von Laurent Simonetti in ihrer Unaufdringlichkeit, deren Suggestion absolut zwingend war. Es ist schier unmöglich, die Leistungen der Schauspieler im einzelnen zu benennen, gingen sie doch alle irgendwann in irgendeiner Facette des Josef K. auf.
Hier sind Verführung, Konventionen und Grenzüberschreitungen deutlich, innere Konflikte direkt nachvollziehbar. Es ist eine geschlossene Ensembleleistung mit herausragenden Einzelleistungen. Sie wird durch den Darsteller des Josef K. gekrönt. Pascal Herington ist immerzu auf der Bühne, die spielerische Vielfalt überzeugend und die sängerische Leistung zwischen lyrisch und heldisch, zwischen Charakterfach und Spieltenor faszinierend ausgewogen. Konzeptionsbedingt ist er ständig in Bewegung, ohne voranzukommen oder sich zu entwickeln. Gottfried von Einems Oper ist keine leichte Kost. Die neue Inszenierung ist anspruchsvolle Unterhaltung für alle, denen Mitdenken Vergnügen ist. Musiktheater auf hohem Niveau. Der Prozess : Anthony Perkins, Arnoldo Foà, Jeanne Moreau, Madeleine Robinson, Romy Schneider, Orson Welles, Orson Welles, Alexander Salkind, Michel Salkind: Amazon.de: Prime Video. Großer Applaus!
Keiner hört ihm zu, jeder denkt, er muß irgendwas getan haben, sonst würde man ihn nicht vor Gericht stellen. Und wer sieht meistens schuldig aus? Schon in der Schule kann man bei vielen jungen Menschen beobachten, dass sie sofort bleich werden, wenn nur die Rede auf irgendeine Unregelmässigkleit kommt. Diese jungen Leute sind schuldig im Gedanken, nicht in Taten... Kann man Josef K. für seine Gedanken verurteilen? Nein, aber es passiert doch. Über die Schauspieler nur gutes. Anthony Perkins ist einfach geboren für diese Rolle, die junge Romy spielt perfekt, Jeanne Moreau auch. Orson Welles hat sich viel getraut. Aber er war der Richtige. Wenn der Film technisch besser wäre, ein Traum. Trotzdem sehenswert. Als ich Kafka's Prozess las, war ich viel zu jung um die Feinheiten zu verstehen. Titorelli der prozess film. Der Film hilft dabei, obwohl er sich nicht ganz an die Vorlage hält. Gut so. Der Beginn und der Schluß im Film: der Wächter vor der Tür lässt den Menschen nicht hinein. Als er die Tür öffnet, fragt der Mensch, warum waren all die Jahre keine anderen Menschen vor dieser Tür.