Home » Otto Mueller Selbstbildnis mit Pentagramm (c1924)
"Die letzte Zigarette des Verurteilten" nennt Witkacy seine Prophezeiung sarkastisch. Die Schau endet in der Gegenwart. Der junge Wilde Zdzislaw Nitka malt Otto Mueller als Mann mit Hut. Das temperamentvolle Blau, die impulsiven Pinselstriche verraten die Vorfahren von Nitka. Baselitz, Beuys, Brücke. Heute unterrichtet Nitka als Professor an der Breslauer Kunstakademie. Da schließt sich der Kreis. Die Ausstellung "Otto Mueller – Maler. " ist bis zum 3. 3. 2019 im Hamburger Bahnhof Berlin zu sehen. Geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr (außer montags), donnerstags bis 20 Uhr und am Wochenende ab 11 Uhr.
Witkacys "Die letzte Zigarette des Verurteilten (Selbstportrait)", 1924 © Literaturmuseum Warschau / Foto: Anna Kowalska / Hamburger Bahnhof "Er hat niemals in eine Zeichnung hinein korrigiert, sondern er hat, wenn, das immer mit Abstand neben dran gesetzt. Das sieht man auch, wenn man sich einige dieser Schülerarbeiten anschaut. Er war aber auch sehr, sehr streng und auch sehr hart, so dass eine Studentin das in Erinnerung hatte. Aber sie sagte, er war hart aber fair, und er hat jedem eine Chance gegeben. Und für ihn zählte schlichtweg das Talent", sagt die Kuratorin Dagmar Schmengler. "Ich bin dafür" – mit diesem einen Satz unterstützte Otto Mueller lapidar einen Stipendienantrag von Alexander Camaro. Camaro, in Breslau geboren, teilt mit Otto Mueller die Vorstellung von einer Verschmelzung des Menschen mit der Natur, führt diese Vision aber später abstrakt aus. Von Camaro stammen zum Beispiel die Glasfenster in der Berliner Philharmonie. In der Ausstellung ist von ihm ein spätes Gemälde zu sehen, Abschied aus dem Jahr 1991.
Da geht das Leben in einem weißen Winterwald auf. Horst Strempels "Masken", 1946 © VG-Bild Kunst, Bonn 2018 / Foto: / Hamburger Bahnhof Zu Muellers Schülern in Polen gehört auch der Kolorist Jan Cybis, nach dem die Kunstakademie in Warschau benannt ist. Noch frappierender aber wirkt die Gegenüberstellung von Otto Mueller und dem polnischen Maler und Dichter Stanislaw Witkiewicz, der sich als Maler Witkacy nennt. 1924 porträtiert sich Otto Mueller als Zauberer mit einem fünfzackigen Amulett um den Hals. Der Künstler als Magier und Seher Dagmar Schmengler: "Er gibt sich ganz bewusst als ein Künstler-Seher. Gerade diese verschattete Gesichtshälfte, diese sehr schmalen, fast aneinander tretenden Augen, die gerunzelte Stirn - also im Grunde ein traditionsbehaftetes Motiv des Propheten. Was wir dann nochmal sehr schön herausstreichen konnten, indem wir aus dem gleichen Jahr ein Werk eines polnischen Expressionisten gefunden haben, nämlich von Witkacy. Und diese beiden Bildnisse haben wir dann nebeneinander gestellt und konnten dann das Motiv des Künstlers, als Magier, als Seher in der deutschen und in der polnischen Kunst- und Literaturgeschichte verhandeln. "
Gemeinsam zieht das junge Paar von München nach Berlin. Hier entdeckt er die grazilen Plastiken von Wilhelm Lehmbruck auf einer Ausstellung. Er freundet sich mit dem bekannten Bildhauer an. Wilhelms Werke inspirieren Otto sehr stark und er entdeckt seine Vorliebe für Leimfarben und schlanke Frauenfiguren, die fortan viele seiner Gemälde zieren sollten. Zudem interessiert er sich für die Künstlergruppe "Berliner Secession". Seine Anschlussbemühungen scheitern jedoch – er wird von den Vorsitzenden der Bewegung abgewiesen. Mit einigen anderen abgewiesenen Malern gründet er deshalb die Künstlerbewegung "Neue Secession". Ihre erste Ausstellung organisieren die Mitglieder unter dem Titel: "Zurückgewiesene der Secession Berlin". Nach der Ausstellung schließt er sich der Berliner Künstlergemeinschaft "Die Brücke" an. Die Mitglieder teilen einen ähnlichen Stil und die Vorliebe für gedämpfte Farbgebung. Doch sein künstlerisches Leben sollte schon bald eine drastische Wendung nehmen. 1915 wird der Maler zum Kriegsdienst eingezogen.