Die Nachtigall und die Rose ist ein Kunstmärchen aus Oscar Wildes Sammlung Der glückliche Prinz und andere Märchen (1888). Die Nachtigall und die Rose. Illustration Charles Robinson (The happy prince and other tales, Brentano's, New York, 1920) »Sie sagte, sie wolle mit mir tanzen, wenn ich ihr eine rote Rose brächte«, rief der junge Student, »doch in meinem ganzen Garten ist keine rote Rose. « Der Student ist verliebt in die Tochter seines Professors. Angesichts eines bevorstehenden Balls und des vagen Versprechens seiner Angebeteten ist er verzweifelt, weil es ihm nicht gelingt, die begehrte Rose zu beschaffen. Eine Nachtigall hört seinen Kummer und will ihm helfen, denn in ihm sieht sie verkörpert, wovon Nacht für Nacht singt. Sie bittet mehrere Rosensträucher um eine Rose, doch die ersten blühen nicht in der rechten Farbe und der letzte, der eigentlich rote Blüten hat, blüht überhaupt nicht, weil seine Knospen im harten Winter erfroren sind. Doch der erfrorene Rosenstrauch kann auf ganz besondere Weise eine rote Rose hervorbringen: Die Nachtigall muss die ganze Nacht ihr Lied von Liebe und Liebesleid singen und dabei ihr Herz gegen einen Rosendorn pressen.
Die Blume steht auch im Märchen für Gefühle. Ihre Zartheit symbolisiert die Verletzlichkeit der Märchenheldin oder des Märchenhelden. Ihre Schönheit in Verbindung mit Vergänglichkeit ist wie eine Parabel für den Lauf des menschlichen Lebens. Die Blume kann aber auch für sich genommen für die Sehnsucht nach dem Ewigen oder Göttlichen stehen. Letzteres finden wir vor allem im Symbol der "blauen Blume" der Romantik. Manchmal steht auch der Duft der Blüten im Vordergrund. Düfte oder allgemeiner Gerüche können, wie man weiß, ganz unmittelbar, also ohne Umweg über Sprache, Emotionen wecken. Sogar lange zurückliegende, verborgene Erinnerungen können so wieder ins Bewusstsein zurückgeholt werden. Vor allem über ihren Duft können Blumen »Herzen öffnen«, wenn dies auf andere Weise nicht mehr oder noch nicht möglich ist. Dornröschen, umrankt von der blühenden Rosenhecke. Illustration Thekla Brauer (Fünfzig Kinder- und Hausmärchen gesammelt durch die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, Otto Spamer, Leipzig, 1895) Blumen und Jungfrauen Die Rose ist nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch wegen ihres starken und doch als angenehm und edel empfunden Duftes die Königin unter den Blumen.