Meine Sorge ist dabei auch gleichzeitig, dass es immer so weitergehen wird und ich mit 30 Jahren beispielsweise noch genau so verzweifelt da stehe und charakterlich überhaupt nicht soweit bin, wie ich es mir immer erhofft habe. Ich hoffe, dass ihr ungefähr versteht, was ich damit meine und würde mich nun super doll über einige Ratschläge oder auch eigene Erfahrungen freuen. Ganz liebe Grüße!
Als sie von einem einfachen Häuschen hört, irgendwo in einem kleinen Dorf nahe der Küste, kauft sie es mit dem Geld, das ihre Mutter ihr hinterlassen hatte. Sie transportiert den Brennofen und die Drehscheibe hierher und verbringt die Hälfte des Jahres hier, lernt neue Freunde kennen, lädt ihre alten ein, ihre Töchter besuchen sie. Es ist keine einfache Entscheidung, ihre Freundinnen in München zurückzulassen. Doch in Berlin wachsen ihre Enkel auf, da will sie dabei sein. 2000 zieht sie hin. Ich kann mich über nichts mehr Freuen. Was tun? (Psychologie, Psyche, Gefühle). Sie holt sie von der Schule ab, sie macht mit ihnen Hausaufgaben, liest ihnen vor. Und die beiden Enkel gehen gerne zu ihr, auch als sie später gepflegt werden muss. Im Frühjahr sagt sie laut und deutlich, dass sie das alles nicht mehr möchte, dass sie sich nicht mehr auf den nächsten Tag freut, nicht mehr auf das Frühstücksei, dass sie auch nicht mehr dem Eichhörnchen bei seinen Klettertouren auf dem Baum im Hof zusehen will. Renate hat genug gelebt. Ihre große Tochter, ihre Enkel, sie stehen an ihrem Bett und halten ihre Hand, als Renate die Augen schließt.
Von der Nazizeit berichtete sie kaum etwas, nur dass sie vor der Roten Armee fliehen mussten, dass sie Schiffe und Züge nicht mehr erreichten, dass alles entsetzlich war. Die Familie strandete in Lenzkirch in Baden-Württemberg. Die Welt stand offen Renate lernte töpfern, machte eine Ausbildung, wurde Meisterin, ging dann an die Kunsthochschulen in Bremen und in Krefeld. Immer wieder erzählte sie von ihren berühmten Lehrmeistern. In Frankreich war sie viele Monate zusammen mit anderen Künstlern, gemeinsam arbeiten, wilde Fahrten mit dem Moped, den Wind im Gesicht und das Gefühl, dass die Welt offenstand. Hier lernte sie auch den Pantomime-Künstler Marcel Marceau und den Chanson-Sänger Georges Moustaki kennen. Später besuchten sie Renate, wenn sie in Deutschland gastierten. Das ehrte sie. Ich freue mich auf nichts mehr der. Und gleichzeitig machte es sie auch traurig, dass in ihrer Wahrnehmung alle so einen Erfolg hatten, nur sie nicht. Klar konnte sie Tassen und Schüsseln töpfern, bei Kannen ist die Tülle am kompliziertesten, perfekt muss sie sein, damit es beim Gießen nicht tropft.