[6] Johann Christian Reil, Wegbereiter der romantischen Medizin, wies in seinem 1815 veröffentlichten Entwurf einer allgemeinen Pathologie auf Probleme dieser Theorie hin: "Zum Schlusse erwähne ich noch der Streitfrage: ob zur Existenz jeder Krankheit eine reizende, materielle Ursach im Körper selbst (eine materia peccans) nothwendig sey. Nach der Humoral - Pathologie nimmt man nämlich allgemein an, die Krankheit verhalte sich zur materia peccans ohngefähr so, wie sich das Sehen zum Licht verhält, werde durch sie nur gesetzt und modificirt, und höre mit ihr auf, so dass fast das ganze Wesen der Krankheit auf der Existenz dieser materia peccans, und deren Kochung und Ausleerung beruhe. Seite aus dem Kanon der Medizin von Avicenna (Ibn Sina)... (#420069). Bei den Brüchen, bei Verrenkungen, Wunden u. s. w. fällt es nun zwar in die Augen, dass sie ohne materia peccans existiren. Desto mehr ist man aber von jeher geneigt gewesen, eine solche materielle Ursache bei den dynamischen Krankheiten anzunehmen, weil man hier nach dem Tode keine organische Verletzung findet.
[3] Der Kanon der Medizin ist detailliert untergliedert. Der arabische Titel qānūn (lat. regula) [4] ist entlehnt vom griechischen Wort kanón, dessen Verwendung Avicenna aus Galens Erwähnung vom Kanon des Polyklet in Über die Lehrmeinungen von Hippokrates und Plato bekannt gewesen sein dürfte. [5] Die fünf Bücher (persisch kitāb-hā, lateinisch libri) sind in Stoffeinheiten (Doctrinae), Untereinheiten (Fen), Kapitel (Capitula) sowie Zusammenfassungen (Summae) unterteilt. [6] Das erste Buch, von Avicenna in Gorgan begonnen, behandelt allgemeine Prinzipien der Medizin und enthält eine Definition der Medizin als Wissenschaft, die Theorie und Praxis unterscheidet. Das erste Buch besteht aus vier Teilen. Im ersten Teil finden sich Darstellungen zum Kosmos, den vier Elementen und deren Mischungen sowie ausführlich zur Säftelehre. Hier systematisiert Avicenna erstmals die Lehren von Galenos von Pergamon. Avicenna kanon der medizin kaufen österreich. Als Krankheitskonzept hatten sie teils bis ins 19. Jahrhundert Bestand, als sie von der Zellularpathologie ( Rudolf Virchow) und der medizinischen Mikrobiologie ( Robert Koch) abgelöst wurden.