"Mit Staunen, mit Schaudern las ich die Geschichte vom dicken Holzschnitzer Manetto aus Florenz... " - So beginnt diese Parabel von Volker Braun im Rückgriff auf eine berühmte Novelle und mit Blick auf eine unerhörte Gegenwart. Denn worüber der Holzschnitzer "fast den Verstand verlor" - daß man ihn glauben machte, ein anderer zu sein -, wurde nach der Wende 1989 das wirkliche Schicksal der vielen, denen mitgespielt wurde von der Geschichte, "und mit mehr Grund". Die vier Werkzeugmacher : Volker Braun : 9783518408063. Erzählt wird die komische und grausame Verwandlung einer Werkzeugmacherbrigade "aus der Vorstadt Schweineöde". Von der Geschichte "bis hierher glimpflich behandelt", besondere Leute, die sich Einfalt leisten konnten, finden sie sich in ihrem Betrieb nicht wieder; sie sind enteignet, entlassen und wieder eingestellt - "Aber als was? Als wer? dachte Matthes aufgeregt vor Freude und Sorge, bin ich der, an den sie denken, weil er alles vergessen kann? Oder das, was jeder denkt, so daß ich vergessen bin? " Sie sind ihrer Identität beraubt, und das um so mehr, als sie ohnehin angemaßt war.
CATEGORY: audio drama TITLE: Die Geschichte von den vier Werkzeugmachern AUTHOR: Volker Braun ADAPTION: Jörg Jannings DIRECTOR: Jörg Jannings MUSIC: Wolfgang Florey PRODUCTION: Sender Freies Berlin/Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg/Deutschlandfunk YEAR: 1999 RECORDING DATE: 03. 10. 00 (Deutschlandradio) DESCRIPTION: Sie waren wer, die vier Herren Werkzeugmacher. In ihrem Werk in der Vorstadt Schweineöde machte ihnen keiner was vor. Unersetzlich fühlen sie sich - bis sie eines Tages die Wende überrascht. Volker Braun - Autorenlexikon. Da finden sie sich plötzlich ohne Arbeit draußen vor den Werktoren wieder. Und sind nicht mehr die, die sie waren. Matthes, ihr Brigadier, glaubt darüber den Verstand zu auch wenn am Ende für sie alles noch mal glimpflich ausgeht und sie unter einem neuen Herrn in den alten Betrieb zurückkehren dürfen, "blieb etwas Dunkles und Ungeklärtes. Sie konnten nicht viel verloren haben, aber etwas Unvergeßliches, das nicht wieder zu kaufen war. " Volker Braun erzählt, von einer italienischen Renaissancenovelle angeregt, ein Gleichnis vom vertauschten Leben, und im ebenso verzwickten wie simplen Ablauf der Geschichte von den vier dicken Männern erzählt sich fast nebenbei die Geschichte von vielen.
Bekannt wurde er durch seine ersten Gedichte: "Provokation für mich", die Stephan Hermlin 1962 in der Akademie der Künste vortrug und die dann fast zur Exmatrikulation führten. 1965 holte ihn Helene Weigel an das Berliner Ensemble, wo sein erstes Stück "Der Kipper" inszeniert (und verboten) wurde. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings schrieb er "Lenins Tod". 1972 bis 1977 war er Mitarbeiter des Deutschen Theaters, anschließend bis 1990 Hausautor am Berliner Ensemble. Dort inszenierte Manfred Wekwerth "Großer Frieden". Es war Theaterarbeit in der Nachfolge Brechts, "der Versuch eines philosophischen Volkstheaters: in unphilosophischer Zeit, in der das Volk eine unbegriffene große Rolle spielte. Was lag näher und ferner, als die Möglichkeit geschichtlichen Handelns zu untersuchen... " Auch viele seiner späteren Werke - die "Unvollendete Geschichte", der "Hinze-Kunze-Roman", der "Bodenlose Satz", die Gedichtbände "Training des aufrechten Gangs", "Langsamer knirschender Morgen", die Stücke "Dmitri", "Die Übergangsgesellschaft", "Transit Europa" - waren "Arbeit gegen die Deckgebirge der Verheißungen".
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