Besonders wirksam und dabei schonend sind die Funktionsregler nach Fränkel. Dabei handelt es sich um herausnehmbare Geräte, bei denen der Mundinnenraum ohne Platten auskommt und die Zunge so frei beweglich ist, damit die Aussprache kaum beeinträchtigt wird. Diese Geräte werden bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt, deren Ober- oder Unterkiefer zu schwach ausgebildet ist. Das Gerüst steht jeweils vom betroffenen unterentwickelten Kieferknochen leicht ab und liegt gleichzeitig eng am übermäßig wachsenden Kiefer an. Es beeinflusst zunächst die Muskulatur und andere Weichgewebe des Kausystems. Dadurch wird das Wachstum des Kiefers passiv angeregt und eine harmonische Anpassung von Ober- und Unterkiefer bewirkt. So kann beispielsweise mit dem Funktionsregler nach Fränkel II der Unterkiefer langsam nach vorne verlagert werden. Abb. 13: Funktionsregler [w]
Der Funktionsregler nach Fränkel ist eine so genannte funktionskieferorthopädische Apparatur und dient der Bissverschiebung beim Rückbiss (Funktionsregler II) und beim Vorbiss des Unterkiefers (Funktionsregler III). Weniger bekannt sind der Funktionsregler bei Platzmangel der Zähne (Fränkel I) und beim offenen Biss (Fränkel IV). Unter den zahllosen herausnehmbaren Zahnspangen, die mit dem Wirkprinzip des Aktivators arbeiten, ist der Funktionsregler eine Besonderheit, weil er nur aus Plastikschilden im Mundvorhof und Drahtelementen besteht. Der Funktionsregler ist damit nicht nur an den Zähnen, sondern zum Teil an den Weichteilen, also Lippen und Wangen verankert. Die Idee dahinter war, dass die Bisskorrektur dank der Verankerung an den Weichteilen weniger durch Zahnbewegung, sondern überwiegend durch Beeinflussung des Kieferwachstums bewirkt würde. Diese Hypothese hat der wissenschaftlichen Überprüfung jedoch nicht Stand gehalten, denn tatsächlich unterscheiden sich die Effekte des Funktionsreglers nach Fränkel kaum von anderen "funktionskieferorthopädischen" Apparaturen.
Bei der Behandlung von Kiefer- und Zahnfehlstellungen gibt es verschiedene Ansätze. Prof. Dr. Rolf Fränkel erkannte, dass bei der Entstehung der Zahnfehlstellungen vor allem Entwicklungsstörungen im Bereich der Kieferbasen ausschlaggebend sind. Nach intensiver Beschäftigung mit der Entwicklung des Gesichtsschädels und des Wachstums entwickelte er eine Methode zur Förderung der Entwicklung der knöchernen Strukturen. Dadurch wurden Möglichkeiten eröffnet umfangreiche Kieferfehlstellungen mit Steuerung der Wachstumsrichtung während der Wachstumsphase auch ohne feste Zahnspange zu behandeln. Die Zähne können sich in gut entwickelten Kieferbasen häufig unproblematisch einstellen. Sind trotz gut ausgebildeter Kieferbasen Eng- oder Drehstände von Zähnen vorhanden, so sind diese meist problemlos mit fester Spange oder einer Schienentherapie zu beheben. Menschen, die unter ihrer Zahnfehlstellung leiden, aber eine feste Zahnspange zur Korrektur nicht wünschen können individuell und schonend behandelt werden.
Die mit einem Funktionsregler behandelten jungen Patienten wissen sich im Übrigen meistens durch Nichttragen der Zahnspange zu wehren. Behandlungen mit dem Funktionsregler dauern ein Vielfaches üblicher kieferorthopädischer Behandlungszeiten, ohne dass ein besonderer Mehrnutzen nachgewiesen werden kann. Der Funktionsregler muss daher als veraltet bezeichnet werden und sollte heute keinem Kind mehr zugemutet werden. Um so unverständlicher ist unter diesen Umständen, dass in den letzten Jahren der eigentlich nur noch historisch interessante Funktionsregler erneut propagiert wird – und das nicht nur von alternativmedizinischer Seite, sondern unter anderem auch von einer südwestdeutschen Universitätsklinik für Kieferorthopädie. Auch wenn Fränkels Ergebnisse in Dutzenden Studien anderer Autoren nicht bestätigt werden konnten, behauptet der dortige Hochschullehrer davon völlig unbeeindruckt ausgeprägte skelettale Effekte des Funktionsreglers. Auf welche Daten er sich dabei stützt, bleibt sein Geheimnis – wahrscheinlich ist es nur eine späte Folge der großen Verwirrung, die die Mythen- und Sagenwelt der Funktionskieferorthopädie in deutschen Kieferorthopädenköpfen hinterlassen hat.